Gehirnjogging : Geistig fit bleiben mit Denksport und Fortbildung
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Bild: Andrea Fettweis
Um geistig gesund zu bleiben, braucht unser Gehirn abwechslungsreiche Herausforderungen. Nutzen Sie verschiedene Möglichkeiten für ein effektives Training.
„Moderne Menschen haben nicht gelernt, das Alter zu lieben, sondern sie haben erfolgreich gelernt, bis ins höhere Lebensalter jung zu bleiben“, behauptet der Altersforscher François Höpflinger. Die Medizin macht es möglich, denn wir können uns unsere Gesundheit heute länger erhalten. Dennoch müssen wir zusätzlich unsere geistigen Fähigkeiten trainieren, damit auch unser Gehirn fit bleibt.
Viele Studien, viele Meinungen: Was hält das Gehirn auf Trab?
Wie wir geistig gesund und leistungsfähig bleiben können, interessiert die Forscher verschiedener Fachrichtungen schon seit langem. Ihre Ergebnisse sind zum Teil recht widersprüchlich. Einig sind sich die Wissenschaftler darüber, dass ein ideales Training für das Gehirn aus vielen Komponenten bestehen muss. Neben Denksport sind körperliche Bewegung, soziale Kontakte, Entspannung und eine gesunde Ernährung notwendig, um geistig fit zu bleiben. Allein für unsere geistigen Aktivitäten können wir eine Menge tun. Doch wie müssen wir sie gestalten, damit sie wirklich effektiv sind und unsere Gehirnleistungen positiv beeinflussen?
Hilft Kreuzworträtseln, geistig fit zu bleiben?
Viele Menschen glauben, bereits etwas für ihre geistige Fitness zu tun. Sie alle schwören auf Kreuzworträtsel, Gehirnjogging und raten in Quizsendungen mit, unabhängig welchen Bildungshintergrund sie besitzen. Diese Übungen sind jedoch wenig effektiv, wie mehrere Studien bewiesen haben, sagt ein Artikel der Gesellschaft für Gehirntraining e.V. (GfG). Der gemeinnützige Verein zur Förderung der geistigen Fitness wurde von den Psychologen Dr. Siegfried Lehrl und Peter Sturm gegründet und veröffentlicht alle wissenschaftlich anerkannten Methoden zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit. Die GfG bietet auch ein Trainerkolleg an, das als erstes nach den Kriterien des Dachverbandes der Weiterbildungsorganisationen zertifiziert wurde. Fast 1000 Trainer bieten die Gehirntrainingskurse in ganz Deutschland an, von denen auch Senioren profitieren können, um Ihre geistige Fitness zu erhalten oder zu steigern.
Gehirnjogging muss alle geistigen Fähigkeiten ansprechen
Dies zu erreichen, ist jedoch gar nicht so einfach, denn die Aufgaben, die unsere geistigen Leistungsfähigkeiten fördern, sollten auf unseren persönlichen Bildungsstand angepasst sein, damit wir uns weder unter- noch überfordern. Nur so bringt ein solches Training den gewünschten Erfolg. Zudem müssen die Übungen vielseitig sein, damit alle mentalen Bereiche angesprochen werden, die aus der Koordination von Bewegung und Sinnesorganen, Aufmerksamkeit, Intelligenz, Gedächtnis, Kreativität, Konzentration und Durchhaltevermögen bestehen.
Wer hauptsächlich sein Gedächtnis trainiert und sein Wissen erweitert, wird keine Veränderungen in den anderen Hirnleistungen feststellen. Wenn Sie ernsthaft trainieren möchten, sollten Sie sich von einem Fachmann beraten lassen. Ein effektives Training benötigt nur wenige Minuten am Tag – wenn es das richtige ist! Im Programm des GfG werden zwei Grundgrößen geübt: Die Arbeitsgeschwindigkeit und die Merkspanne. Wird zum Beispiel die Merkspanne trainiert, werden Sie sich besser auf wichtige Dinge konzentrieren können, komplexer und kreativer denken können. Ob Sie noch berufstätig sind oder Ihre Freizeit genießen: Es lohnt sich immer, sich regelmäßig geistig anzuregen. Wie solche Übungen aussehen, können Sie sich in einem Musterheft der GfG anschauen. Sie finden dort zum Beispiel Bilderrätsel, in denen Sie Symbole durch Buchstaben ersetzen müssen, ein Buchstaben-Quiz, ein Additionsspiel und eine Zeichenübung. Ihre aktuelle geistige Fitness können Sie ebenfalls bei der GFG anhand eines Tests überprüfen.
So üben und lernen Sie effektiv
Wenn Sie trainieren, sollten Sie dies nicht vor einer Entspannungsphase oder vorm Schlafengehen tun. Verstehen Sie eine Aufgabe nicht, ist sie nicht für Sie geeignet. Nehmen Sie eine einfachere Übung. Grundsätzlich sollten Sie bei geistiger Arbeit im Beruf oder in der Freizeit spätestens nach 90 Minuten Pause machen und sich ausruhen. So beugen Sie Stress vor und verbessern Ihre Leistungen. Suchen Sie Informationen zu einem Thema, versuchen Sie, sich auf das zu konzentrieren, was Sie wirklich brauchen. Lassen Sie sich nicht von unnötigen Daten überfluten! Wichtig für erfolgreiche geistige Arbeit sind auch tadellos funktionierende Augen und Ohren, um alle Informationen aufnehmen zu können. Seien Sie sich bewusst, dass Ihnen eine notwendige Brille oder ein Hörgerät nur nutzen kann.
Gedächtnistechnik für gehirngerechtes Lernen: die Birkenbihl-Methode
Möchten Sie etwas Neues lernen, setzen Sie Gedächtnistechniken ein. Vera Birkenbihl (2011 gestorben), ehemalige Leiterin des Instituts für gehirngerechtes Arbeiten, hat auf diesem Gebiet äußerst hilfreiche Methoden entwickelt, um sich Dinge besser merken und zum Beispiel Sprachen leichter lernen zu können. Durch bewusstes Wahrnehmen und Begreifen kann das Wissen später eher abgerufen werden. Birkenbihl stellte sich Wissen als Netz vor, das immer weiter geknüpft werden kann. Dazu muss man keineswegs mehr arbeiten, sondern weniger, aber dafür bewusst. Wenn man die Arbeitsweise des Gehirns ausnutzt, funktioniert Lernen plötzlich ganz einfach. Die Wissenschaftlerin hat zahlreiche Bücher (unter anderem „Stroh im Kopf? – Vom Gehirnbesitzer zum Gehirnbenutzer“) geschrieben, die Ihnen auf humorvolle Weise näherbringen, wie Sie leichter und mit Freude lernen. Lernen hält auch Ihr Gehirn fit.
Bildung senkt das Risiko, an einer Demenz zu erkranken
Forscher haben beobachtet, dass eine höhere Bildung eine gute Voraussetzung für ein gesundes Gehirn ist. Aber es genügt nicht, sich auf früh erworbenen Lorbeeren auszuruhen – die geistigen Fähigkeiten müssen weiter auf Trab gehalten werden. Wenn Sie nicht die Chance hatten, Abitur zu machen oder ein Studium abzuschließen, heißt das nicht, dass sich weitere Anstrengungen nicht lohnen. Im Gegenteil, je mehr Sie sich fortbilden, umso besser trainieren Sie Ihre geistigen Fähigkeiten und schützen sich zugleich vor einer Demenzerkrankung.
Nutzen Sie die Fortbildungsangebote vor Ort
Möglichkeiten, sich weiterzubilden, gibt es viele: In jeder Stadt und größerem Ort bieten die VHS oder private Veranstalter Kurse zu verschiedenen Themen an. Sie können sich kreativen Aktivitäten widmen und Fotografieren, Malen oder Nähen lernen oder Sie eignen sich eine neue Sprache an, lernen Romane zu schreiben oder Theater zu spielen. Alles, was Sie aus der täglichen Routine herausholt und Sie belebt, tut auch Ihrem Gehirn gut.
Selbst ohne Abitur können Sie als Senior noch studieren. Die Zulassungsvoraussetzungen sind allerdings an jeder Hochschule anders. Zum Teil werden spezielle Seniorenprogramme angeboten oder Sie nehmen als Gasthörer an einem normalen Studium teil, für das Sie aber dann einen höheren Schulabschluss benötigen. Auskünfte über die Details gibt Ihnen die Hochschule in Ihrer Nähe ganz einfach telefonisch. Dort können Sie ebenfalls fragen, wie hoch die Studiengebühren sind. Sie sind als Senior nämlich nicht davon befreit, es sei denn, Sie verfügen über sehr wenig Rente. Lassen Sie sich von unterschiedlichen Stellen beraten, was für Sie in Frage kommt. Städte und Gemeinden informieren Sie ebenfalls meist kostenlos zu Fragen der Weiterbildung. Die Ansprechpartner finden Sie zumeist auf der Homepage Ihrer Stadt unter „Bildung & Kultur“.
Unabhängig lernen und studieren: Fernstudien und Fernlehrgänge
Haben Sie in Ihrer Nähe keine Möglichkeit, einen Kurs oder ein Studium zu machen, oder sind Sie körperlich eingeschränkt, sodass Sie nur von Zuhause aus lernen können, schauen Sie sich die Angebote für Fernstudien oder Fernlehrgänge an, zum Beispiel bei der ILS. Für diese Art der Weiterbildung brauchen Sie eine große Portion an Eigeninitiative. Unterstützung bekommen Sie von Ihrem Fernlehrer und der Studiencommunity, in der Sie sich mit anderen Fernstudenten austauschen und Kontakte knüpfen können.
Der Vorteil eines Fernstudiums besteht darin, dass Sie Ihre Lernzeiten völlig frei gestalten können. Ob Sie einen ganzen Tag lang büffeln oder an fünf Tagen in kleineren Portionen, ist für das Studienziel egal. Für Ihre geistige Fitness ist es jedoch besser, jeden Tag ein wenig zu arbeiten, damit Sie Ihr Gehirn regelmäßig trainieren. Außerdem bleiben Ihnen längere Einarbeitungszeiten erspart, weil Ihnen das Erlernte noch präsent ist.
Bevor Sie ein Fernstudium oder einen Fernlehrgang beginnen, überlegen Sie sich, wie viel Zeit sie investieren möchten. Soll die Weiterbildung lediglich als geistiges Training genutzt werden und um etwas Neues zu lernen, genügt ein nicht-akademischer Lehrgang, für den Sie weniger Zeit aufwenden müssen. Für einen neuen Berufsabschluss brauchen Sie etwas mehr Ehrgeiz.