Kraft und Koordination : Älter werden und sich doch fit fühlen

  • -Aktualisiert am

Auch Senioren sollten sich körperlich fordern, um ihre Lebensqualität zu steigern. Bild: K&S Unternehmensgruppe

Wie ein Stück Lebensqualität durch gezielte Übungen zurückkehren oder erhalten werden kann, zeigen Seniorenresidenzen in „Vital Clubs“.

Im Vital Club einer Seniorenresidenz im norddeutschen Sottrum haben sich an diesem Morgen vier Senioren versammelt: Jedes zweite Gerät ist besetzt. Ein älterer Herr stemmt mit den Füßen Gewichte, bevor er seinen Gehstock nimmt und sich auf den Weg zum nächsten Gerät macht. Unbedingt wollte er nach seiner Hüftoperation bald wieder am Vitaltraining teilnehmen: „Ich wollte wieder auf die Beine kommen!“, sagt der 81-Jährige, doch die ersten Stunden waren anstrengend. Wie steif er war, musste er bei fast allen Übungen erfahren. Doch er blieb dabei, nach einigen Monaten klappte es schon besser und die Übungseinheiten im Fitnesscenter konnten gesteigert werden. Inzwischen bemerkt er die Veränderungen auch im Alltag: „Schuhe und Strümpfe kann ich wieder anziehen – bücken kann ich mich auch wieder.“  Zwar noch mit Anstrengung, aber: „Das wird!“, sagt er voller Zuversicht.

Schön zu erleben – auch für den Ergotherapeuten Paul Zack von der K&S Unternehmensgruppe, der das Kraft-Ausdauer- und Koordinationstraining an acht verschiedenen, speziell für die Bedürfnisse älterer Menschen ausgewählten Geräten leitet. Der Parcours im Vital Club besteht nicht aus  Kraftmaschinen mit schweren Gewichten, sondern aus leichten Geräten, die über Öldruckdämpfer reguliert werden und die Beweglichkeit und Ausdauer erhalten und verbessern sollen.

Deutliche Steigerung des Wohlbefindens

Die Übungserfolge seiner Senioren beschreibt Zack als überraschend positiv: „Mit einem regelmäßigen, richtig aufgebauten Training lässt sich bei älteren Menschen eine deutliche Verbesserung der Gesamtverfassung erreichen.“ Die Koordinations- und Kraftübungen tragen nicht nur dazu bei, Bewegungen wie Aufstehen, Gehen und Treppensteigen oder die Fähigkeit zur eigenen Körperpflege zu verbessern, sondern dienen in besonderem Maße auch der Verhinderung von Stürzen. Muskeln, Knochen und Gewebe sind durch das Training weniger verletzungsanfällig.

Darüber hinaus erlebt Paul Zack, ausgebildet als „Seniorentrainer 50+“ und „orthopädischer Rückenschulleiter nach Dr. Brügger“, auch einen Aufbau von psychischen und sozialen Ressourcen: „Erfolgserlebnisse und Spaß am Sport stärken das Selbstvertrauen und steigern die Lebensfreude.“ Von besonders großem Wert ist dies bei Senioren, die dazu neigen, sich zu isolieren. „Wenn ein Bewohner seinen körperlichen Abbau bewusst erlebt, kann das dazu führen, dass er ein Stück seines Lebenswillens einbüßt und sein Leben nicht mehr zukunftsorientiert gestaltet.“ Der Sport im Vital Club bietet dann neue Reize, weckt Interesse und fördert soziale Kontakte – vielleicht auch außerhalb des Vital Clubs. Generell begünstigt stetige körperliche Aktivität die Hormon- und Enzymbildung und hat damit eine erhöhte Dopamin Ausschüttung zur Folge. Die Stimmung verbessert sich.

Schon kleine Trainingseinheiten wirken

Ein fachgerecht geplantes Training kann die Muskelkraft älterer Menschen in beträchtlichem Umfang stärken. Eine Untersuchung der sportwissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat gezeigt, dass ein gezieltes Training über einen Zeitraum von drei Monaten zu einer Kraftverbesserung von fast 100 Prozent führen kann. Hintergrund: Mit zunehmendem Alter lässt die Muskelkraft eines Menschen nach, besonders ab einem Alter von 50 Jahren. Die totale Muskelmasse eines 70-Jährigen beträgt im Durchschnitt nur etwa 60 Prozent seiner früheren Masse. Dabei schwindet die Kraft am stärksten in den Beugemuskeln der Unterarme und in den Muskeln, die den Körper aufrichten. Noch stärker als die Muskelmasse schwindet, nimmt die Muskelkraft ab. Hinzu kommt, dass ältere Menschen sich leicht auf die Haltung zurückziehen, dass im Alter vieles eben ganz einfach nicht mehr so leicht gehe und sich daher auch weniger fordern. „Ein Irrtum“, sagt Paul Zack: „Das ist nicht unabwendbar! Schon kleine Trainingseinheiten genügen, um der Abnahme von Muskelkraft spürbar entgegenzuwirken.“

Trainingsanforderungen langsam steigern

Wie kann so ein Training aussehen? „Am Anfang steht natürlich immer ein gründlicher Gesundheitscheck“, sagt Zack: „Bevor unsere Bewohner mit dem Training im Vital Club beginnen, wird der Hausarzt konsultiert, um eventuelle gesundheitliche Einschränkungen zu erkennen und sie beim Sport zu berücksichtigen.“ Danach wird ein individueller Trainingsplan erstellt, der alle Geräte, die genutzt werden, auf einem Plan zusammenfasst. So können der Bewohner, als auch der Therapeut die individuelle Leistungsentwicklung jederzeit verfolgen und das Training im Vital Club anpassen. Während des Trainings gibt die ständige Anwesenheit des Therapeuten zusätzliche Sicherheit und gewährleistet die fachgerechte Nutzung der Geräte.

©K&S Unternehmensgruppe

Keine sportlichen Höchstleistungen

Grundsätzlich gilt: „Bitte langsam mit dem Training beginnen!“ Die Einführung in das Training sollte an mehreren Terminen erfolgen, bei denen zunächst das Erlernen der Bewegungsabläufe im Vordergrund der Einweisung steht. „Entscheidend ist, dass sich unsere Bewohner bei der körperlichen Belastung im Vital Club wohlfühlen. Das heißt: Die Belastung muss richtig dosiert sein. Zu geringe Anstrengung führt ebenso wenig zu positiven Effekten wie Überanstrengung“, so Zack.

Um den subjektiven Grad der Anstrengung zu beschreiben, soll das subjektive Belastungsempfinden für Senioren im RPE-Bereich (Received Perception of Exertion) 12 bis 14 liegen, also „leicht“ bis „etwas schwer“. Anfangs sollte nur ein oder zweimal pro Woche trainiert werden. „Später kann man das Training individuell steigern, zum Beispiel auf zwei bis dreimal die Woche. Aber es genügt auch schon ein einziges Training in der Woche, um die Kondition zu erhalten und dem Alterungsprozess entgegenzuwirken“, beteuert Zack.

Trainingseinheiten sinnvoll aufbauen

Zu Beginn des Trainings gehen alle Teilnehmer der Gruppe, die höchstens vier Personen umfasst, zum Aufwärmen auf ein Ergometer. Die Trainingszeit auf dem „Trimmfahrrad“ als auch der Tretwiderstand wird für jeden Bewohner individuell angepasst. Diese Aufwärmphase bereitet den Bewegungsapparat auf die bevorstehende körperliche Belastung vor. Danach wird an den Geräten geübt; eine Trainingseinheit dauert in der Regel 45 Minuten, die von Pausen unterbrochen wird. Eine Lichtsäule in der Mitte des Raumes gibt mit Lichtsignalen die Trainings- und Pausenzeiten vor. Ausklingen lässt Zack sein Training mit einer sogenannten „Abwärmphase“ bei der er kleine Entspannungs- und leichte Dehnübungen oder einfach ein langsames „Auslaufen“ zur Regeneration des Körpers anbietet.

Sport bei Schlaganfall und Demenz

Der Sport im Vital Club ist nach einem Schlaganfall eine ideale Ergänzung der gesamten Rehabilitationskette. Der Patient kommt dabei durch spielerische Bewegung und Training an den Geräten wieder in Kontakt mit seinem Körper – vor allem mit der vom Schlaganfall betroffenen Körperseite. Gefördert werden die Mobilität, die Alltagskompetenz, die Grob- und Feinmotorik, die physische Leistungsfähigkeit sowie die Hirnleistung und die kognitiven Funktionen. Das Risiko von Folgeerkrankungen wird verringert und die psychische Verfassung, die oft von Depression und Angst geprägt ist, stabilisiert. Vor allem verbessert der Sport im Vital Club die sozialen Kontakte und trägt hinsichtlich Krankheitsbewältigung, Selbstwertgefühl und Motivation zur Genesung bei.

Auch für Menschen, die an Demenz leiden, sind die Übungsstunden im Vital Club von großem präventiven und therapeutischem Wert, beispielsweise bei der Sturzprävention und beim Erhalt und der Verbesserung von Alltagskompetenzen. Bei Menschen mit Demenz steht nicht das reine Gerätetraining im Vordergrund, denn die Übungen im Vital Club sprechen mehrere Sinne an und setzen visuelle, akustische und taktile Reize. Es gibt Interessantes zu entdecken, Musik zu hören, Geräte und Materialien zu untersuchen und wahrzunehmen. Die Bewegungen an den Geräten fördern die eigene Körperwahrnehmung. Das regelmäßige Training gibt den Senioren außerdem eine feste zeitliche Struktur, an der sie sich orientieren können. So hilft der Vital Club einen täglichen Rhythmus aufzubauen, bietet neue Reize im Alltag und trägt in beträchtlichem Umfang zur Steigerung der Lebensqualität vieler Senioren bei.

Hier finden Sie weitere Informationen zu einem Pflegeunternehmen, das in seinen Residenzen einen Vital Club anbietet.