Gut fürs Klima : „Schönes“ Sprechen kann man lernen

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„Schönes“ Sprechen stärkt die emotionale Bindung. Bild: Kzenon | Fotolia.com

In Altenzentren der AWO Nordhessen wird nicht nur der Mensch, sondern auch die Sprache gepflegt.

Worte sind nicht nur Schall und Rauch, sie zeigen Wirkung. „Ich dachte, wir sprechen ganz normal miteinander“, sagt Antonia Steidler, Pflegedienstleiterin im Seniorenwohn- und Pflegezentrum Heringen der AWO-Nordhessen. Seit sie zur Sprachpilotin ausgebildet worden ist, weiß sie jedoch was es ausmacht, die richtigen Worte im alltäglichen Umgang mit Kolleginnen und Bewohnern zu benutzen. Jetzt wird in der Einrichtung „schön“ gesprochen und plötzlich blüht das ganze Haus auf. Auch auf Angehörige wirke sich die positive Atmosphäre aus und es gebe deutlich weniger Konflikte, hat sie festgestellt.

Sigrid Junge, Abteilungsleiterin Altenhilfe, verantwortet bei der AWO Nordhessen das Sprachkulturprojekt für Altenzentren. Auf ihre Initiative hin haben sich bereits 60 Beschäftigte zu Sprachpiloten und -lotsen ausbilden lassen; im Mai beginnt die nächste Gruppe einen Kursus, der ebenfalls an zehn über das Jahr verteilten Tagen in der Kasseler AWO-Geschäftsstelle stattfindet.

Die Teilnehmer tragen ihre Erkenntnisse in die jeweiligen Einrichtungen und Teams hinein und können das neuerlangte Wissen unmittelbar in der Praxis anwenden. Es geht um respektvollen Umgang mit Kolleginnen und Bewohnern, der sich in wertschätzender Sprache zeigt, um Klarheit im Ausdruck und bejahendes Denken. Antonia Steidler bringt es auf den Punkt: „Endlich ein Projekt, das nicht mehr Zeit kostet. Im Gegenteil: Klare Aussagen steigern die Leistungsfähigkeit im Team.“

Wie geht „schönes“ Sprechen?

Sätze, wie „man müsste mal mit der Frau in den Garten gehen“ sind fortan tabu. Stattdessen lautet die Aufforderung: „Susanne, bitte übernimm heute Morgen den Spaziergang mit Frau Franke.“ Der eilige Ruf über den Flur „Ich komme gleich“ wird ersetzt durch: „Herr Bauer, in zehn Minuten habe ich Zeit für Sie“. Verantwortlichkeiten festlegen, Aufgaben klar bezeichnen, die Menschen beim Namen nennen, das ist der Anfang von mehr Kultur im Arbeitsalltag, haben die Seminarteilnehmer erfahren. Gleichzeitig lassen sie Worte weg, die Stress oder Druck ausdrücken. „Müssen“ wurde als erstes gestrichen.

Was bringt der bewusste Umgang mit Sprache?

Sprachliche Hygiene tut doppelt gut, das wird in den Seminaren deutlich; sie wirkt nach innen wie nach außen. Ellen Jücker, Pflegedienstleiterin im AWO-Altenzentrum Marbachshöhe in Kassel, stellt fest: „Das Betriebsklima ist viel besser seither, und auch ich fühle mich wohler.“ Ohne großen Aufwand kann so ausschließlich Gutes bewirkt werden. Um dies in den AWO-Häusern nachhaltig zu verankern, gibt es engagiertes Zutun „von oben“. Sigrid Junge weiß darum. Sie ist selbst ausgebildete Sprachmentorin und sorgt für Kontinuität. Denn: „Bewusstes, achtsames Sprechen verändert die innere Einstellung.“

Weitere Informationen unter: www.awo-nordhessen.de